- Unterhaltungsmusik.
- Unterhaltungsmusik.Die Bezeichnung kam für die im zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts einsetzende Verwendung von Musik in Restaurants und Gaststätten auf, in der sie eine hauptsächlich atmosphärische Funktion erfüllte; sie sollte dem Gast unaufdringlich Kurzweil verschaffen, ihn unterhalten und zugleich die Gespräche der Gäste akustisch abschirmen. Dafür kristallisierte sich dann mit der Caféhaus-Musik, nachdem zuvor geeignete Musikstücke von den Kapellenleitern individuell für diesen Zweck bearbeitet worden waren, ein instrumentaler Musiktyp heraus, der dieser atmosphärischen Funktion optimal angepasst war. Mit dem Aufkommen des Rundfunks in den Zwanzigerjahren erweiterten sich die Möglichkeiten für eine solche beiläufige Musikrezeption ganz erheblich, und jener instrumentale Musiktyp in der Form des Intermezzos, der Serenade oder des bearbeiteten Tanztitels fand entsprechend den neuen Bedingungen eine Weiterentwicklung im Orchesterarrangement. Es entstanden zahlreiche neue konzertante Kompositionen, die auf den Sendebedarf des Rundfunks zugeschnitten waren — Ouvertüren, Rhapsodien, Suiten, Virtuosenstücke usw., gespielt von Großen Rundfunkorchestern in sinfonischer Besetzung. Dafür wurde in Abgrenzung zur Caféhaus-Musik der Begriff »gehobene Unterhaltungsmusik« geprägt. Typische Vertreter waren neben den namhaften Operetten-Komponisten u. a. Werner Eisbrenner (1908-1981), Ernst Fischer (1900-1975) und Rudolf Kattnigg (1895-1955). Auch konnten durch den Rundfunk nun alle möglichen anderen Musikformen in gleicher Weise als Hintergrund für die verschiedenen Verrichtungen des Alltags genutzt werden. Die separate Lautstärkeregelung am Rundfunkgerät machte diese Funktion unabhängig von bestimmten akustischen Gegebenheiten, die vordem zu sparsamen und hauptsächlich mit Streichern besetzten Instrumentalarrangements gezwungen hatten. Unterhaltungsmusik wurde so bis in die Fünfzigerjahre zu einem Oberbegriff für alle im Rundfunk gesendeten oder produzierten Formen der populären Musik, ein Begriffsgebrauch, der sich umgangssprachlich mit dem Kürzel U-Musik weitgehend bis heute erhalten hat. In den Fünfzigerjahren setzte mit der Internationalisierung der Rundfunkprogramme, dem Vordringen von Folklore, Jazz und später der Rockmusik aber auch eine Problematisierung dieses ohnehin nur im deutschsprachigen Raum verbreiteten Begriffs ein, wurde doch immer sichtbarer, dass er in der Verwendung als Oberbegriff für die verschiedensten Formen der populären Musik keineswegs geeignet war, die von ihnen jeweils realisierten ganz unterschiedlichen Umgangsweisen mit Musik abzudecken. Andererseits hat sich jener unspezifische instrumentale Musiktyp, der darin aufgeht, Hintergrund zu sein, wofür auch immer, bis heute erhalten und verdient zu Recht die Bezeichnung Unterhaltungsmusik, sofern man darunter ein unaufdringliches, keinerlei Aufmerksamkeit absorbierendes, aber atmosphärisch anregendes Musizieren versteht. Das ist dann naturgemäß nicht an bestimmte musikalische Formen gebunden, beschränkt sich aber auf Instrumentalmusik mit dominantem Streicherklang im Arrangement.
Universal-Lexikon. 2012.